Ponta de São Lourenco


Eine für Madeira untypische Landschaft. Auf dem östlichsten Zipfel der Insel, von der Baia d‘Abra bis zur Ponta de São Lourenco führt ein Wanderweg bergauf, bergab, an schroffen Felsen entlang, nahezu ohne Vegetation und ohne Schatten. Normalerweise bläst ein starker Wind, denn die Halbinsel ist von beiden Seiten dem Atlantik ausgesetzt. Auch das ist heute nicht der Fall. Es ist nahezu windstill und heiß. Und wie überall, wo es schön und außergewöhnlich ist, sind auch die Menschenmassen nicht weit. Erst auf dem letzten sehr steilen Stück hinauf zur Ponta verlieren sich die meisten. Sie ziehen es vor, sich bei der Casa Sardenha niederzulassen, bzw. mit dem Boot zurückzufahren. Auch wir kommen kurz in Versuchung, entscheiden uns aber dann doch, nach Besteigung der Ponta— die eigentlich ein spitzer, steiler Berg ist — und einer kurzen Kaffeepause die ganze Halbinsel wieder zurück zu marschieren. Von oben ist die Aussicht zum Ende der Halbinsel, wo ein Leuchtturm steht, bis zu den Inseln Porto Santo und Ilhas Desertas grandios. Auch der Flughafen ist von hier zu sehen, die Landebahn wurde auf mächtigen Betonpfeilern direkt ins Meer gebaut. Wir beobachten ankommende Flugzeuge, die zuerst am Flughafen vorbeifliegen, um dann nach einer Schleife vom Meer her zu landen. Es sieht nach einer abenteuerlichen Präzisionsarbeit aus, obwohl man natürlich weiß, dass es für den Autopiloten keinen Unterschied macht, ob er vom Meer oder von über den Häusern einer Stadt die Landebahn anfliegt. So lange die Maschine in der Luft bleibt, ist alles gut. Glücklicherweise sind wir nachts gelandet und hatten daher keine Ahnung, wie tief wir über den Wassern schwebten, bevor das Fahrwerk festen Boden berührte. Auch bei unserem Rückflug wird es gnädigerweise noch dunkel sein.
Madeira gehört zwar zu Portugal, doch meinen bescheidenen Kenntnissen nach unterscheidet sich die Mentalität der Madeirer von der der Festlandportugiesen. In Lissabon und im Alentejo war das berühmte Suadade mit den Händen zu greifen. Ich erinnere ich mich an viele traurige Gestalten mit hängenden Schultern und todtraurigem Gesicht, die den Eindruck vermittelten, als würden sie sich demnächst vor ein Auto oder die U-Bahn werfen. Liegt es daran, dass Madeira zu den Glückseligen Inseln gehört und dem milden Klima, dass die meisten Menschen hier freundlich und offen sind? Normalerweise suche ich mir immer Literatur des Landes aus, das ich bereise, um mehr über Land und Leute zu erfahren.


Es gibt zwar einen bekannten Fußballer, der von hier stammt — seinem Konterfei begegnet man auf Schritt und Tritt —, doch offenbar keine nennenswerten SchriftstellerInnen. Doch auch beim Portugiesischen Literaturnobelpreisträger José Saramago findet man Leichteres und Humorvolles. Ein Leben ohne Tod ist trotz des Titels eine unterhaltsame, phantastische Geschichte voll präziser Menschenkenntnis und feiner Ironie. Auch Die Reise des Elefanten, die sogar auf einer wahren Begebenheit beruht, kann ich als Urlaubslektüre empfehlen. Ganz nebenbei erfährt man auch viel über Portugals Geschichte.

Doch zurück auf die Insel. Heute sind wir genau eine Woche hier. Zwei liegen noch vor uns. Bis jetzt war uns der Wettergott hold.

2 Gedanken zu „Ponta de São Lourenco“

  1. Meine liebe Schwester,
    ich lese deine tollen Einträge 3 bis4 mal und dabei reise ich mit!!
    Mann kann nur lehrnen!! danke pass auf <DICH< auf!! noch ganz schöne
    Erlebnisse !! Deine Einzige

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  2. Du weißt, mir geht das Gehen sehr schwer, aber ich begleite Dich in Gedanken ! Sehr aufregend ! sei vorsichtig !!! Elfie und Franz

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